Dreharbeiten im Gerichtssaal (c) Róża Berger-Fiedler
Dreharbeiten (c) Róża Berger-Fiedler

Herr Schmidt von der Gestapo

Filmische Dokumentation einer Beamtenkarriere

1,50 € - 3,00 €
Alle Preise inkl. Mwst.
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Film und Gespräch im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus

Mit: ża Berger-Fiedler, Dokumentarfilmerin und Regisseurin; Renate Aris, Zeitzeugin und letzte jüdische Überlebende im Großraum Chemnitz und Dresden; Dr. Erika Eschebach, Historikerin und langjährige Leiterin des Dresdner Stadtmuseums

1987 steht mit dem damals 74-jährigen Henry Schmidt ein ehemaliger SS-Mann vor dem Dresdner Bezirksgericht. Erst nach mehr als 40 Jahren eines unbehelligten Lebens im Sozialismus, in dem er sogar als Aktivist der sozialistischen Arbeit ausgezeichnet wurde, soll er am Ort seiner Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden: Der ehemalige SS-Obersturmführer war bei der Gestapo in Dresden als Leiter des „Judendezernats“ seit 1942 für die Erfassung und Registrierung der Dresdner Jüdinnen und Juden zuständig. Er organisierte ihre Deportation in die nationalsozialistischen Konzentrationslager, die kaum jemand von ihnen überlebte. Dass Schmidt in der sich als antifaschistisch verstehenden DDR trotz einer Fahndung bis in die 80er Jahre unentdeckt blieb, macht diesen Fall so speziell.

Der für die DEFA produzierte Dokumentarfilm (R: Róża Berger-Fiedler, 107 min, DDR 1989) begleitet den Prozess und vollzieht entlang der Entwicklung des SS-Mannes Mechanismen des nationalsozialistischen Systems und seiner Verbrechen nach. Im Anschluss an den Film kommen wir ins Gespräch mit der Regisseurin und weiteren Gästen.

Zum Abschluss des Abends wird Dr. Herbert Lappe, der als Vertreter der Jüdischen Gemeinde 1987 ebenfalls am Prozess gegen Henry Schmidt teilnahm, auf einen bemerkenswerten Teilaspekt des Verfahrens eingehen: Im Januar 1944 hatte sich Horst Weigmann im Dresdner Polizeipräsidium als Henry Schmidt ausgegeben, um seine als Jüdin von der Gestapo inhaftierte Mutter zu befreien. Weigmann wurde enttarnt, inhaftiert und am darauffolgenden Morgen erhängt aufgefunden.

ża Berger-Fiedler wurde 1940 als Kind einer polnisch-jüdischen Familie in Frankreich geboren. Nach 1945 Aufenthalt in Belgien, Übersiedlung nach Polen und 1957 schließlich Asyl in der DDR, studierte an der Theaterhochschule Leipzig und an der Humboldt Universität zu Berlin und war u.a. im DEFA Studio für Dokumentarfilme als Regisseurin tätig. Sie ist seit 1992 Geschäftsführerin der BABEL Film und Video GmbH & Agentur und seit 1996 Chefredakteurin des jüdisch-deutschen Magazins Babel TV.